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Besucherzentrum Burg Münzenberg: CDU-Vorschlag führt zu finanziellen Belastungen

Alle Beteiligten sind sich einig: Die Burg Münzenberg benötigt ein modernes Besucherzentrum. Auch über die Vorgehensweise herrschte bislang Konsens und es gibt seit April 2019 einen entsprechenden Beschluss der Stadtverordnetenversammlung. So soll die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten in Hessen (VSG) im Burgweg ein modernes Besucherzentrum errichten. Weitreichende Zusagen seitens der VSG garantieren der Stadt Münzenberg die Mitnutzung des Gebäudes. So werden Räume zur Durchführung von kulturellen Veranstaltungen für Jugendliche und Vereine ebenso zur Verfügung stehen wie ein Büroraum als künftigem Dienstsitz der Beauftragten für Stadtmarketing und Tourismus. Im Konzept berücksichtigt sind weiterhin frei zugängliche Sanitäreinrichtungen für Besucher der Burg und Tagestouristen. Einzig eine Anmietung der Räumlichkeiten für private Nutzungen wird laut VSG nicht möglich sein.

Von der VSG zu verantwortende Verzögerungen bei der vertraglichen Umsetzung einer notwendigen Grundstücksschenkung führten dazu, dass noch nicht mit der Umsetzung des Projektes „Besucherzentrum Burg Münzenberg“ begonnen werden konnte. Den Unmut hierüber kann Bürgermeisterin Dr. Isabell Tammer gut verstehen. Negativ überrascht zeigt sich die Rathaus-Chefin nun über den Vorstoß der Münzenberger CDU, das Projekt Besucherzentrum nochmals komplett neu aufzurollen. Denn nichts anderes verbirgt sich hinter dem Antrag der Christdemokraten für die heutige Sitzung der Stadtverordnetenversammlung.

Die Forderung der CDU: Die Stadt soll das Besucherzentrum in Eigenregie bauen und betreiben – mit der VSG als Mieterin. „Über die finanziellen Folgen einer solchen Entscheidung hat man sich bei der CDU allerdings offensichtlich keine Gedanken gemacht“, kritisiert Bürgermeisterin Dr. Isabell Tammer im Vorfeld der heutigen Sitzung des Münzenberger Stadtparlaments.

Bleiben die ursprünglichen Planungen, geht das Grundstück für das Besucherzentrum in den Besitz der VSG über – inklusive der ca. 130 Meter langen Stadtmauer auf dem Gelände. Der überwiegende Teil der Befestigung wurde in den vergangenen Jahren für rund 1 Million Euro saniert. Ein Drittel der Kosten stammten aus dem Haushalt der Stadt Münzenberg, ein Drittel finanzierte das Land Hessen und ein weiteres Drittel wurden durch Bundesmittel gefördert. Nicht unerwähnt darf an dieser Stelle bleiben, dass sich auch der Freundeskreis Burg und Stadt Münzenberg an diesem Teil der Mauer mit 12.000 € beteiligt hat.

Die noch ausstehende Sanierung schlägt mit einer Summe von 275.000 € zu Buche, so die aktuelle Kostenschätzung eines Fachbüros. Sollten wieder Fördermittel von Bund und Land zur Verfügung gestellt werden, so stehen Kosten in Höhe von rund 90.000 € als offener Anteil im Raum. Sanierungskosten, die von der Verwaltung der Schlösser und Gärten Hessen als künftigem Grundstückseigentümer übernommen werden. Natürlich nur dann, wenn der derzeitig vereinbarte Plan weiterverfolgt wird. Zu diesen Sanierungskosten von mindestens 90.000€ kommen noch reine Baukosten für das Besucherzentrum in Höhe von im günstigsten Fall mindestens 300.000 € bei einfacher Bauweise und ausgegangen von einer Grundfläche von etwa 130m².

Fazit: Eine Umsetzung der CDU-Gedankenspiele würde die Stadt Münzenberg unmittelbar rund 400.000 € kosten. Nicht zu vergessen, die mittelbaren Folgekosten für Unterhaltung und künftige Instandsetzung eines städtischen Bürger- und Besucherzentrums. Hinzu kämen weitere unkalkulierbare Kosten für 130 Meter Stadtmauer, wobei es nicht absehbar ist, ob auch in Zukunft noch Mittel von Bund und Land zur Unterstützung vorhanden sein werden.

Weiterhin fordert die CDU die Nutzung vermeintlicher Synergie-Effekte zwischen dem künftigen Besucherzentrum und dem historischen Rathaus Münzenberg. So soll nach den Vorstellungen der CDU im Burgweg eine Mischung aus Bürgerhaus und Besucherzentrum entstehen. Allerdings bleibt die CDU eine genaue Antwort schuldig, welcher „gegenseitig ergänzenden Nutzung“ ein städtisches Besucherzentrum und das historische Rathaus zugeführt werden könnte. Folgt man hingegen den vorliegenden CDU-Vorschlägen, würde das den Verzicht auf die Schaffung von Barrierefreiheit bei der anstehenden Sanierung des Rathauses Münzenberg bedeuten. Was zur Folge hätte, dass das Rathaus in Münzenberg, außer für die standesamtlichen Trauungen in historischem Ambiente, in der jetzt bestehenden Form, als nicht barrierefreies Gebäude nach dem Bau eines Bürger- und Besucherzentrums noch seltener benutzt werden würde.

Die von der CDU eingeforderte Möglichkeit, private Feiern in einem potentiellen städtischen Besucherzentrum anzubieten, ist aus Sicht der Stadt kritisch zu hinterfragen. „Denn welches Signal senden wir als Stadt, wenn wir buchstäblich direkt vor die Nase eines Gastronomen ein Bürgerzentrum bauen, in dem private Feiern stattfinden können“, so Rathaus-Chefin Dr. Tammer. „Gelungene Wirtschaftsförderung sieht anders aus – erst recht mit Blick auf die aktuelle Situation, in der viele Gastronomiebetriebe ohnehin um ihre Existenz kämpfen.“

Kurzum: Die Vorstellungen der CDU rund um den Themenkomplex Besucherzentrum und Rathaus brächten aus Sicht der Stadt keine Vorteile, sondern unter dem Strich deutliche finanzielle Mehr-Belastungen. Denn neben den Kosten für die Sanierung des in die Jahre gekommenen Rathauses entstünden in der Folge auch noch Kosten für die Instandhaltung eines Besucher- und Bürgerzentrums sowie der Stadtmauer. Dazu kämen noch die permanenten Unterhaltungskosten für beide Liegenschaften, die Jahr für Jahr entstehen. Dies bezeichnet die Rathaus-Chefin als unverantwortlich gegenüber den nachfolgenden Generationen. Sie appelliert an die CDU, verantwortungsbewusst zu handeln und nicht nur in Legislaturperioden zu denken.

 

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