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Ergreifende Gedenkfeier im Kulturhaus Alte Synagoge
Linkes Bild: Ann Sherman (oben links) und Fern Shumer Chapman (unten links), die Töchter von Gerda Katz und Edith Westerfeld, waren als Ehrengäste zur Gedenkveranstaltung der Stadt Münzenberg und des Freundeskreises Burg und Stadt Münzenberg anlässlich der Reichspogromnacht aus den USA zugeschaltet. Dies sorgte für sehr bewegende Eindrücke.
Rechtes Bild: Sie begleiteten die vielen Besucherinnen und Besucher durch die Gedenkveranstaltung anlässlich der Reichspogromnacht in der Alten Synagoge zu Münzenberg (von links): Angelika Herrmann, Bürgermeisterin Dr. Isabell Tammer, Reiner Mohr sowie Petra und Uwe Müller.
Kein „Schema F“: Die diesjährige Gedenkveranstaltung der Stadt Münzenberg und des Freundeskreises Burg und Stadt Münzenberg war alles andere als eine automatisierte, pflichtschuldig abgehaltene Veranstaltung. Im Mittelpunkt stand in diesem Jahr das bewegte Leben der Münzenbergerin Gerda Katz, die 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen musste – ein Gedenken zwischen Hoffnung, Verlust und historischer Verantwortung.
Gerda Frumkin, geb. Katz, flüchtete als 12jährige vor dem Nazi-Terror in die USA. Auf der Überfahrt lernte sie ihre spätere beste Freundin Edith Westerfeld aus Stockstadt kennen, nur um sie nach der Ankunft in den USA wieder aus den Augen zu verlieren – für 72 Jahre. Die Tochter Westerfelds, Fern Chapman, schrieb ein Buch über die Fluchtgeschichte ihrer Mutter und erwähnte dort auch die verloren gegangene Freundin aus Münzenberg. Im Anschluss an eine Schulveranstaltung waren die Schülerinnen und Schüler so bewegt von den Schilderungen, dass Sie zu recherchieren begannen. Mit Erfolg. Für die beiden inzwischen alten Damen gab es 2011 ein Wiedersehen. Der Kontakt riss nie wieder ab.
Petra und Uwe Müller (Freundeskreis Burg und Stadt Münzenberg) spürten in der Gedenkveranstaltung dem Schicksal von Gerda Frumkin, geb. Katz, nach. Besonders eindrucksvoll: Petra Müller las Gerdas Passagen in der Ich-Form und sorgte so für eine persönliche Nähe zu Gerda Frumkin, die anders gar nicht möglich gewesen wäre. Grundlage des Vortrags war das Buch „THREE STARS IN THE NIGHT SKY, A REFUGEE FAMILY´S SEPARATION AND REUNION“, das Fern Schumer Chapman 2018 veröffentlichte.
Zu Beginn der Gedenkveranstaltung durften die Besucherinnen und Besucher ganz besonders emotionale Momente erleben. Denn als Ehrengäste waren Ann Sherman und Fern Schumer Chapman, die Töchter von Gerda Katz und Edith Westerfeld, per Video-Zuschaltung mit dabei. Chapman und Sherman zeigten sich sehr bewegt, dass die Erinnerung an ihre Mütter und auch die unzähligen anderen jüdischen Opfer des Nazi-Terrors immer noch wachgehalten wird. „Dieser persönliche Kontakt hilft uns zu verstehen, dass wir nicht über entfernte historische Ereignisse sprechen, sondern dass wir uns an Menschen erinnern. Menschen, die lachten, weinten und lebten –wie wir“, sagte Bürgermeisterin Dr. Isabell Tammer in ihrer Ansprache.
Die anspruchsvolle und aufwändige Technik für die Videoschaltung über den Atlantik verantwortete Alexander Füller. Die perfekt auf die einzelnen Veranstaltungsteile abgestimmte musikalische Begleitung übernahmen Reiner Mohr und Angelika Herrmann. „Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Beteiligten für die große Unterstützung bei der Vorbereitung und der Umsetzung der diesjährigen Gedenkveranstaltung“, so Uwe Müller (Vorsitzender Freundeskreis Burg und Stadt Münzenberg).
Das Kulturhaus Alte Synagoge war voll besetzt. Dies belegte eindrucksvoll, wie wichtig es den Münzenbergerinnen und Münzenbergern war, ein Zeichen gegen Antisemitismus, Antirassismus und für eine freiheitliche demokratische Gesellschaft zu setzen. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher kamen nach der Veranstaltung auf Petra und Uwe Müller zu und bedankten sich, teilweise von Gefühlen überwältigt, für den Abend. Die Zuschaltung der Autorin Fern Chapman und der Tochter von Gerda Katz seien etwas ganz Besonderes gewesen.